Das Bildungsprojekt

Projektkonzeption

a) Zielgruppen und Inhalte im MINT-Bereich

Das Projekt Jugendforschungsschiff ist als schwimmendes Schülerlabor konzipiert. Es richtet sich vor dem Hintergrund der MINT-Problematik insbesondere an Schulen und bietet unterrichtsbegleitend naturwissenschaftliche Inhalte in den Fachgebieten Biologie, Chemie und Physik. Die Lehrinhalte wurden entsprechend den Voraussetzungen der Berliner Rahmenlehrpläne mit Fachlehrern aus Berliner Schulen abgesprochen und konzipiert. Unterschiedliche Aspekte der Gewässerproblematik bilden hierbei den Bezugsrahmen. Darüber hinaus werden im Rahmen schiffsspezifischer Anforderungen inhaltliche Schwerpunkte aus dem Bereich Erneuerbare Energien angeboten. Unsere Zielgruppe reicht von Grundschulen ab der 3. Klasse bis zum Sekundarbereich II mit Leistungskursen in Biologie, Fachgebiet Gewässerökologie. Wir behandeln im Bereich Gewässerökologie stehende und fließende Oberflächengewässer in Berlin. Unsere Mitarbeiter sind weitgehend ehrenamtlich tätig und werden zum Teil über die Stiftung Naturschutz Berlin gestellt oder mittels anderer Zuwendungsgeber finanziert. Unsere Mitarbeiter, die direkten Umgang mit Kindern oder Jugendlichen haben, sind im Besitz eines erweiterten Führungszeugnisses nach § 72a SGB VIII-Gesetz zur Weiterentwicklung der Kinder- und Jugendhilfe (KICK) und verfügen über Erfahrungen im Umgang mit Kindern und Jugendlichen im vorschulischen, schulischen oder universitären Bereich. Eine Reihe unserer Mitarbeiter war jahrzehntelang als Studienrat / Studienrätin im Sek II  oder als Grundschullehrer tätig. Die Fahrten und der Aufenthalt auf dem Schiff sind durch geeignete Versicherungen abgedeckt. Mit jedem weiteren Engagement wird unsere Arbeit und damit der Erfolg für die Ausbildung unserer Kinder auf breitere Grundlagen gestellt.

b) Korrespondenzen mit den Rahmenlehrplänen bei der Arbeit auf dem Jugendforschungsschiff

Allgemein:

Das Konzept für das Jugendforschungsschiff entstand als Hybrid zwischen einer wissenschaftsnahen bzw. wissenschaftsabbildenden Funktion in Verbindung mit schulnahen und für Schüler alltagstauglichen Aspekten. Hierzu gehörte neben den jeweils aktuellen Rahmenlehrplänen auch die Vorgehensweise und Methodik entsprechender Einrichtungen. Zu nennen sind hier u.a. die Berliner Wasserbetriebe, das Institut für Gewässerökologie und Binnenfischerei Berlin (IGB), das Landesamt für Gesundheit und Soziales (LAGESO) mit dem Bereich Gewässermonitoring sowie diverse Versuchsklassen am Beginn unserer Arbeit. Das Konzept wurde im Laufe der Zeit verschiedentlich adaptiert und immer wieder an neue Herausforderungen angepasst, z.B. nach 2015 im Bereich Willkommensklassen. Für die inhaltlich-methodische Konzeption der Kurse dienten diverse Unterlagen, u.a. das umfangreiche Werk von „Johann-Wolfgang Landsberg-Becher und Klaus Prankel: Bach – Land – Fluss: Untersuchung von Fließgewässern und ihres Einzugsbereiches, 2002“ sowie zahlreiche weitere Unterlagen, die vielfach auch im Internet abrufbar sind. Maßstab war speziell für den Sek.II-Bereich vor allem das in Berlin und anderen Bundesländern eingesetzte Buch „Ökologie, Grüne Reihe – Materialien für den Sekundarbereich II, Materialien II, Schroedel, 2012“.

SeK II

Der Unterricht für die Oberstufenkurse ist maßgeblich an den in Sek II eingesetzten Lehrbüchern und Inhalten ausgerichtet. Die Leistungskurse Biologie in der Sekundarstufe II profitieren von den praktischen Aspekten des Unterrichtes, von der gebotenen Fachterminologie, von den Aspekten zu den Stoffkreisläufen uvm. Die Vorgehensweise am Jugendforschungschiff ergänzt und vervollständigt damit die Inhalte der SuS im Unterricht. Für SuS der Sek II ist von allen Altersstufen der Bereich Gewässerökologie am engsten mit dem schulischen Unterricht gekoppelt. Die Ergebnisse unserer halbtägigen Untersuchungen werden von den Kursteilnehmern mitgenommen und können dann Bestandteil des weiterführenden Unterrichts an ihrer Schule werden.
Elementarbereich
Der Elementarbereich profitiert von der Möglichkeit, im unmittelbaren Umfeld des Tegeler Sees zahlreiche Naturerfahrungen zu machen, Messungen und Messtechniken in Physik und Chemie kennenzulernen und den Umgang mit professionellen Mikroskopen einzuüben. Darüberhinaus kommen Themen aus der Alltagswirklichkeit der SuS zur Sprache: Artenkenntnis im Bereich Ornithologie und Ichthyologie, sprich der Bereich der Wirbeltiere. Hinzu kommen Aspekte wie die Gewinnung des Berliner Trinkwassers, das Verständnis von Parametern für gute Oberflächengewässer, das Thema Biodiversität (auch wenn dieser Begriff so gar nicht benutzt werden muss), das Thema Selbstreinigungskräfte der Gewässer, Verschmutzungspotenziale uvm.
Sachunterricht Klassen 1 - 4
Im Sachunterricht der Klassen 1 - 4 sind folgende Themen des RLP von Belang: Lebensräume, Flora und Fauna, Tiere (Vögel und Fische), Wasser (Seen und Flüsse), Lebensraum Wasser.
NaWi-Untericht Klassen 5 - 6
Im NaWi-Unterricht der Klassen 5 - 6 sind folgende Themen und Inhalte des RLP von Belang: Messen, Messgeräte, Stoffe (Chemie), Lebensräume, Welt des Kleinen mit Mikroskopieren; Welt des Großen bei der Vogelbeobachtung; Pflanzen, Tiere, Lebensräume, Anpassung von Pflanzen und Tieren.
NaWi-Untericht Klassen 7 - 10
Im NaWi-Unterricht der Klassen 7 - 10 kommen entsprechend RLP wesentliche umfangreichere Themen und Inhalte auf dem Schiff zur Sprache: Im Fach Biologie sind das u.a.: Entwicklungs- und System-Konzepte; Chemische Reaktionen; Stoff-Teilchen-Konzept; Durchführung von Untersuchungen und deren Auswertung; Mikroskopieren – Leben im Wassertropfen; Kleinstlebewesen aus Gewässern bestimmen; Wasser ist Leben; Untersuchung eines spezifischen Gewässers; Anpassungen an den Lebensraum; Nahrungsbeziehungen; Lebensraum Wasser; Trinkwasser – Abwasser; Ökosysteme; Artenvielfalt und Artenschutz.Im Fach Chemie sind das u.a. an Themen: Wasser, Salze, Säuren und Laugen; Experimentelle Methoden; Stoffkreisläufe; Chemische Reaktionen; Wasser als Lebensmittel und als Lösungsmittel; Aggregatzustände.

c) Fachspezifische Laborinhalte

Auf dem Jugendforschungsschiff können wissenschaftsnah und im natürlichen Umfeld Problemstellungen erarbeitet werden, wie sie ansonsten nur von einschlägigen Instituten durchgeführt werden. Im Mittelpunkt stehen bei den Fachgebieten Biologie, Chemie und Physik die Erschließung und Verbreitung von Kenntnissen aus den Bereich Gewässerökologie, Gewässerschutz und Artenschutz sowie -kenntnis im Hinblick auf die Schonung und Gefährdungspotentiale natürlicher Ressourcen. Im Fachgebiet Physik stehen auch Versuchsanordnungen zu dem Thema Erneuerbare Energien im Mittelpunkt (Solarenergie; Windenergie; Speicherung von Energie, Messung und Interpretation von Verbrauchswerten sowie Verbrauchszenarien). Alle Themen werden im Zusammenhang gesellschaftsrelevanter Fragen behandelt. Für die Fächer Biologie und Physik wurden Unterrichtsangebote entwickelt, die während einer Evaluationsphase von 2010 bis Frühsommer 2011 erprobt worden sind und immer wieder bis dato adaptiert wurden.

d) Unterrichtsbegleitende Szenarien

Ein Teil der Angebote erfolgt in sogenannten Szenarien, bei denen auch weniger motivierte Schüler über interaktive Verfahren wesentlich stärker als mit konventionellen Unterrichtsmethoden einbezogen werden. Zur Anwendung kommen sogenannte Mixed Reality Games, die sich an künstlich inszenierten Katastrophen- bzw. Störfallereignissen orientieren und sich auf die im Rahmen eines EU-Verbundprojektes entwickelte Krisenmanagementplattform ERMA beziehen. Die Szenarien ermöglichen eine praxisbezogene Anwendung fachlicher Kenntnisse aus dem jeweiligen Gebiet, Medienkompetenz, Organisationsmanagement und Sozialkompetenzen. Für das didaktische Modell „Szenarien“ wurden Kontakte zu Prof. Prinz PhD am Institut für Angewandte Informationstechnik (FIT), Fraunhofer Gesellschaft in Sankt Augustin hergestellt. Darüber hinaus wurden weitere Inhalte in Art von Planspielen und Szenarien entwickelt, die es unseren Teilnehmern ermöglichen, ihre vielfältigen Fähigkeiten gruppendynamisch und in Teamarbeit einzubringen.

e) Das Bildungsprojekt und seine Partner

Das Jugendforschungsschiff Cormoran wurde im Verlauf des Jahres 2010 um- und aufgebaut. Die umfangreichen Arbeiten an dem ehemaligen Berufsschiff wären ohne die Mithilfe zahlreicher Freiwilliger und ehrenamtlich Tätiger nicht möglich gewesen. Im Verlauf von rund neun Monaten wurden insgesamt mehr als 5.000 Stunden absolviert. Die Projektverantwortlichen danken allen Beteiligten für diesen großartigen und beeindruckenden Einsatz. Besonders freut uns, dass so vielfältige Potenziale und unterschiedliche Menschen für das Projekt gefunden und für das Projekt interessiert werden konnten: Unser jüngster "Mitarbeiter" zählte 17 Jahre, der älteste war damals 74 Jahre alt. Die Mitarbeiter und Unterstützer rekrutieren sich aus unterschiedlichsten sozialen und beruflichen Zusammenhängen und machen auf diese Weise das Projekt zu einem vielfältigen Abbild und Panorama ehrenamtlichen Engagements in Deutschland.
Für das Projekt Jugendforschungsschiff konnten in sehr kurzer Zeit zahlreiche Sponsoren gewonnen werden, die den Ausbau des Schiffes Cormoran und seine Ausrüstung ganz wesentlich beförderten. Insgesamt konnten während des Projektverlaufs rund 180.000 Euro in das Schiff investiert werden - Viele Bereiche wurden vollständig erneuert und auf den neuesten technischen Stand gebracht - ohne den Charme des nunmehr 55 Jahre alten Schiffes zu schmälern. Sicherheitsaspekte spielten eine zentrale Rolle bei allen Überlegungen. Für diese Leistung, den dahinter stehenden Willen und das engagierte Interesse an dem Projekt, bedanken sich die Projektverantwortlichen ganz herzlich. Schließlich wäre das Projekt nicht ohne Frau Monika Herrmann, Bezirksstadträtin für Jugend, Familie und Schule sowie Herrn Dr. Franz Schulz, vormals Bürgermeister im Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg, nicht so weit gekommen. Mit dem großen Beiboot Alexander von Humboldt (sieben Personen Zuladung, ausgerüstet mit Elektromotor und vier Riemen) erkunden wir den Tegeler See und entnehmen an diversen Stellen Wasserproben, die an Bord des Jugendforschungsschiffes analysiert werden. Das Schiff und das Beiboot sind über Wind- und Solarenergie vollständig autark. Wir freuen uns, dass wir mit der vormaligen Bezirksstadträtin für Bildung und Schulen, Frau Katrin Schultze-Berndt sowie dem Bezirksbürgermeister Frank Balzer zwei beherzte Unterstützer seitens des Bezirks Reinickendorf für unser Vorhaben in Tegel gewinnen konnten.
Nach der Schiffstaufe vom 3. Dezember 2010 haben wir nunmehr bereits zehn spannende Jahre mit stets steigenden Schülerzahlen hinter uns gebracht. Wir danken für die schönen und spannenden Erlebnisse mit unseren wichtigsten Beteiligten: Den Schülern und Schülerinnen aus Berlin und darüberhinaus verdanken wir zahlreiche pädagogische Anregungen.
Von Mitte März 2011 bis September 2020 konnten wir rund 40.000 Schüler aus Berlin, Brandenburg, Niedersachsen, Bayern und Sachsen auf dem Schiff empfangen, außerdem zahlreiche Gruppen aus dem Ausland: Belgien, Frankreich, Israel, Sultanat Oman, China, Russland, Kosovo, Jordanien. Neben "normalen" Schülern hatten wir zahlreiche ausgewählte Gruppen an Bord, darunter: Schülerakademie Brandenburg - JUMPinMINT-Schülerinnen - Forschergarten des Gläsernen Labors, Bundessieger JUMP Challenge 2012, Bundessieger Planspiel Börse 2013. Wir sind regelmäßig Veranstalter im Rahmen des Langen Tags der Stadtnatur und vielen anderen berlinweiten Veranstaltungen.
Wir konnten weitere Sponsoren und Unterstützer gewinnen (knapp 50 inzwischen) und zählen inwzischen die zehnte Stiftung aus dem Bildungsbereich, die wir für unsere Projekte interessieren konnten. Seit 2018 erhält das Jugendforschungsschiff eine Förderung seitens SENBJF.




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